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2. Dezember 2025

Erstes Childhood-Haus in Rheinland-Pfalz entsteht in Landau: Kinderschutz und Kinderrechte unter einem Dach

Der Kinderschutzbund Landau-SÜW e.V. erweitert sein Kompetenzgebiet und richtet das erste Childhood-Haus in Rheinland-Pfalz ein. Das Modell reduziert Mehrfachbefragungen, schĂŒtzt vor Retraumatisierung und ermöglicht schnelle medizinische und psychologische Hilfe sowie juristische KlĂ€rung aus einer Hand. In dem Schutzhaus werden Jugendhilfe, Justiz, Medizin, Polizei, Kommunen und der Kinderschutzdienst kĂŒnftig eng verzahnt zusammenarbeiten – zum Wohl betroffener Kinder und Jugendlicher.

Mit dem Childhood-Haus Landau in TrĂ€gerschaft des Kinderschutzbundes Landau-SÜW e.V. entsteht derzeit ein weiterer Schutzraum fĂŒr Kinder und Jugendliche in der SĂŒdpfalz, die körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt oder miterlebt haben. Im Mittelpunkt steht eine kindgerechte, geschĂŒtzte Begleitung – unabhĂ€ngig davon, ob ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet wird. Alle relevanten Fachdisziplinen arbeiten im Childhood-Haus an einem Ort zusammen. Eine feste Fachkraft begleitet Kinder und Angehörige durch den gesamten Prozess und koordiniert die nĂ€chsten Schritte. In enger Abstimmung mit dem Kinderschutzdienst des Kinderschutzbundes Landau-SÜW kann zudem zeitnah psychologische UnterstĂŒtzung vermittelt werden, um Belastungen möglichst gering zu halten.
Das Childhood-Haus Landau ist das Erste in Rheinland-Pfalz, das Erste in TrÀgerschaft eines Kinderschutzbundes und das Erste, das fachlich direkt an einen Kinderschutzdienst angebunden ist.

Multiprofessionelle Zusammenarbeit im Childhood-Haus
Childhood-HĂ€user nach skandinavischem Barnahus-Modell bieten Kindern und Jugendlichen, die Gewalt erlebt haben, einen sicheren Ort, an dem ihr Wohl im Zentrum steht. Untersuchungen, GesprĂ€che und notwendige Befragungen werden so koordiniert, dass zusĂ€tzliche Belastungen vermieden werden. Die HĂ€user begleiten Betroffene und ihre Familien durch den Clearing-Prozess, bĂŒndeln die notwendigen Fachdisziplinen an einem Standort und klĂ€ren gemeinsam, welche UnterstĂŒtzung jetzt gebraucht wird. Bei Bedarf ist eine psychosoziale Begleitung durch den Kinderschutzdienst in Rheinland-Pfalz möglich.

Im Childhood-Haus arbeiten unter anderem die Professionen Justiz, Kriminalpolizei, Medizin und Forensik, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Jugendhilfe und Kinderschutzdienste sowie Psychosoziale FachkrĂ€fte. Eine koordinierende Fachkraft empfĂ€ngt die Kinder und Familien, erklĂ€rt kindgerecht den Ablauf, begleitet durch die Besuche und stimmt die notwendigen Schritte mit allen Beteiligten ab. So wird sichergestellt, dass Kinder das Erlebte nicht mehrfach erzĂ€hlen mĂŒssen und sich in einem geschĂŒtzten, wĂŒrdevollen Rahmen bewegen können.
„Kinder und Jugendliche, die von Gewalt betroffen sind, brauchen eine gehörige Portion Mut, sich außenstehenden Menschen anzuvertrauen, um Hilfe zu erhalten. Mit den UN-Kinderrechtskonventionen und den Barnahus-Standards als Fundament des Childhood-Hauses begegnen wir den Betroffenen auf Augenhöhe. Wir bieten einen Schutzraum, in dem eine altersangemessene, partizipative und interdisziplinĂ€re Hilfe umgesetzt wird“, so Kyra Pachner, GeschĂ€ftsfĂŒhrerin des Kinderschutzbundes Landau–SÜW e.V..

Das Childhood-Haus Landau Schritt fĂŒr Schritt auf dem Weg
Im Herbst 2023 hat sich der seit 45 Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe tĂ€tige Verein auf den Weg gemacht, ein Childhood-Haus in TrĂ€gerschaft zu nehmen. ZunĂ€chst wurde der Kontakt mit der World Childhood Foundation Deutschland hergestellt, die seither das Projekt engagiert unterstĂŒtzt. „In Landau ist die Idee des Childhood-Hauses auf besonders fruchtbaren Boden gestoßen, wie die bisherigen Entwicklungen und das hohe Engagement aller Beteiligten deutlich zeigen. Die Integration des Konzeptes in die rheinland-pfĂ€lzischen Strukturen mit der Besonderheit der Kinderschutzdienste und die gemeinsame Entwicklung mit dem Kinderschutzbund als erfahrenem TrĂ€ger im Bereich der Jugendhilfe ist eine Bereicherung und Weiterentwicklung fĂŒr das gesamte Childhood-Haus-Netzwerk in Deutschland,“ erklĂ€rt Dr. Astrid Helling-Bakki von der World Childhood Foundation.

Es folgte eine Begehung des Childhood-Hauses in Heidelberg mit dem Kinderschutzbund-Team fĂŒr ein gemeinsames internes Commitment zum Projekt und der strategischen Ausrichtung.
Seither knĂŒpften zahlreiche GesprĂ€che, Arbeitstreffen und Planungen mit allen beteiligten Disziplinen und Akteur:innen an. Da interdisziplinĂ€res Arbeiten im Gerichtsbezirk seit Jahren Standard ist, gab es seitens der beteiligenden Kooperationspartner:innen großes Interesse, Bereitschaft sowie UnterstĂŒtzung: Dietmar Seefeldt, Landrat des Landkreises SĂŒdliche Weinstraße, sagt: „FĂŒr die Initiative zur Einrichtung eines Childhood-Hauses in Landau bin ich dem Kinderschutzbund Landau-SÜW dankbar. Die Einrichtung setzt einen Meilenstein, da kĂŒnftig eine vorrangig auf das Kindeswohl ausgerichtete Begleitung von kindlichen oder jugendlichen Gewaltopfern möglich wird. Die Kooperation verschiedener Stellen unter einem Dach verkĂŒrzt die Bearbeitungs- und Abstimmungswege, was bei der Aufarbeitung von MissbrauchsfĂ€llen ebenfalls entscheidende Vorteile bringen kann. Das Jugendamt des Landkreises SÜW hat die Einrichtung eines Childhood-Hauses in Landau bereits mit der Projektidee des Kinderschutzbundes als sehr hilfreiche Institution eingestuft und auch in der fachlich-inhaltlichen AbklĂ€rung die Vorteile dieses Projekts betont. Außerdem hat der Jugendhilfe-Ausschuss unseres Landkreises in einem einstimmig getroffenen Grundsatzbeschluss bereits ein klares positives Signal fĂŒr ein Childhood-Haus in Landau gesetzt.“

„Mit dem Childhood-Haus entsteht in Landau ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche nach Gewalterfahrungen umfassend und gebĂŒndelt unterstĂŒtzt werden – geschĂŒtzt, kindgerecht und ohne zusĂ€tzliche Belastungen“, sagt Landaus Beigeordnete Lena DĂŒrphold. „FĂŒr uns als Stadt ist dieses Projekt ein wesentlicher Schritt, bestehende Hilfen zu vernetzen und den Kinderschutz weiter zu stĂ€rken. Ich bin dankbar fĂŒr das enorme Engagement aller Beteiligten und stolz, dass wir gemeinsam einen Raum schaffen, der jungen Menschen Sicherheit, WĂŒrde und neue Zuversicht gibt.“

„Wir bedanken uns fĂŒr den Einsatz des Kinderschutzbundes Landau, der die Initiative zu diesem vorbildlichen Projekt ergriffen hat, und freuen uns ĂŒber die Möglichkeit daran mitwirken zu dĂŒrfen. Dies ist ein großer Schritt bei unser aller BemĂŒhen, mit Kindern und Jugendlichen, die von Gewalt betroffen sind, auch im Strafverfahren möglichst schonend umzugehen“, betonen Anja Schraut, PrĂ€sidentin des Landgerichts Landau in der Pfalz, Michaela Winstel, Direktorin des Amtsgerichts Landau in der Pfalz und Angelika Möhlig, Leitende OberstaatsanwĂ€ltin der Staatsanwaltschaft Landau in der Pfalz gemeinsam.

Auch der Behördenleiter des PolizeiprĂ€sidiums Rheinpfalz, PolizeiprĂ€sident Andreas Sarter, ist von den PlĂ€nen ĂŒberzeugt: „Das Childhood-Haus Landau ist ein wegweisendes Projekt, welches Kinder und Jugendliche in besonders verletzlichen Situationen schĂŒtzt. Die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Fachrichtungen stĂ€rkt nicht nur die Ermittlungsarbeit, sondern vor allem das Vertrauen der Kinder. Wir als Polizei begrĂŒĂŸen dieses Projekt ausdrĂŒcklich und sind stolz, Teil dieses wichtigen Netzwerks zu sein.“ „Die GefĂ€hrdung des Kindeswohls – in welcher Form auch immer – betrifft alle gesellschaftlichen Schichten, und die Dunkelziffer ist hoch. In unserer Kinderklinik werden uns betroffene Kinder hĂ€ufig vom Jugendamt bei entsprechendem Verdachtsfall vorgestellt. Ebenso kommt es vor, dass im Rahmen einer stationĂ€ren Aufnahme oder einer ambulanten Vorstellung ein dringender Verdacht auf KindeswohlgefĂ€hrdung entsteht. Bisher jedoch war der darauffolgende Prozess – bestehend aus Befragungen, Betreuung und medizinischer Untersuchung – rĂ€umlich getrennt und musste an verschiedenen Orten stattfinden. FĂŒr die betroffenen, ohnehin bereits traumatisierten Kinder, bedeutet dies eine zusĂ€tzliche Belastung. Umso mehr freuen wir uns, dass mit dem Childhood-Haus nun ein Ort geschaffen wird, an dem all diese Schritte gebĂŒndelt werden können. GesprĂ€che, Befragungen und medizinische Untersuchungen durch uns KinderĂ€rzt:innen können dort in einem geschĂŒtzten Rahmen – einem echten Safe Place – erfolgen. Damit erhalten die SchutzbedĂŒrftigen endlich die Umgebung, die sie in dieser sensiblen Situation dringend benötigen“, gibt Dr. med. Skara Wenner, leitende OberĂ€rztin der Kinderklinik des Vinzentius-Krankenhauses Landau, bekannt.

Seit Juli 2025 besteht der Vertrag zwischen der World Childhood Foundation Deutschland und dem Kinderschutzbund Landau-SÜW. Im September 2025 ist das Projektmanagement gestartet.

Dieter-Kissel-Stiftung stellt GebÀude bereit und fördert die Einrichtung
Das zukĂŒnftige Childhood-Haus Landau entsteht seit dem FrĂŒhjahr 2025 in einer Immobilie der Dieter-Kissel-Stiftung am Nordring in Landau. Der Kinderschutzbund Landau-SÜW e.V. mietet die FlĂ€che als TrĂ€ger des Projekts. Die Stiftung unterstĂŒtzt darĂŒber hinaus die Einrichtung des Childhood-Hauses mit einer Spende. „Uns bewegt, dass hier ein Haus entsteht, das Kinder und Jugendliche in einer sehr verletzlichen Situation auffĂ€ngt. Das GebĂ€ude ist eng mit der Familie Kissel und den Kissel Unternehmen verbunden – es war ĂŒber viele Jahre Wohnhaus, BĂŒro und auch Lager. Umso schöner ist es, dass es jetzt weiterhin sinnstiftend genutzt wird: als Ort, der schĂŒtzt, stĂ€rkt und jungen Menschen Perspektiven gibt“, sagt Helmut Braun, Vorstand der Dieter-Kissel-Stiftung.

Baulich befindet sich das Projekt derzeit in der Umbauplanung und wird durch Budzinski + Ritzer Architekten betreut. Ein zentrales Element ist die aktive Beteiligung von Betroffenen bei der Gestaltung der RĂ€ume und des Konzepts: Kinder und Jugendliche sollen mitentscheiden können, wie der Wartebereich aussehen soll, welche AtmosphĂ€re geschaffen wird und wie RĂŒckzugsorte gestaltet sind – damit das Childhood-Haus Landau nicht nur funktional, sondern auch emotional ein sicherer Ort fĂŒr Heranwachsende wird.

Dank des Engagements der World Childhood Foundation sowie der Dieter-Kissel-Stiftung und der Buchmann-Stiftung kann das Projekt realisiert werden. Die World Childhood Foundation fördert die Personal-, Einrichtungs- und Technikausstattung, wĂ€hrend die beiden regionalen Stiftungen das Vorhaben mit umfassenden Spenden maßgeblich mittragen.

Die Eröffnung des Childhood-Hauses Landau ist fĂŒr September 2026 geplant.

Erstes Childhood-Haus in Rheinland-Pfalz – abgestimmt mit dem Land
Das Childhood-Haus Landau weiß sich in seiner ZustĂ€ndigkeit fĂŒr Landau und die Landkreise SĂŒdliche Weinstraße und Germersheim jedoch nicht nur regional getragen. Ein Childhood-Haus wird auch zum ersten Mal in Rheinland-Pfalz implementiert, sprich landespolitisch als neuer Baustein der Kinderschutzarbeit eingebettet. Zur Umsetzung wurden mehrere GesprĂ€che mit Vertreter:innen der Landesregierung gefĂŒhrt.

„Ich gratuliere allen Beteiligten herzlich zur GrĂŒndung des landesweit ersten Childhood-Hauses in Landau. Mit diesem wichtigen Schritt wird ein Ort geschaffen, an dem umfassender Kinderschutz erstmals unter einem Dach gebĂŒndelt wird. Das ist eine bedeutende Entwicklung fĂŒr Rheinland-Pfalz und ein starkes Signal dafĂŒr, wie ernst die Verantwortung fĂŒr unsere Kinder genommen wird. Das Childhood-Haus verbindet medizinische, psychologische, pĂ€dagogische und rechtliche Expertise in einem geschĂŒtzten Umfeld und setzt damit auf einen Ansatz, der sich konsequent an den BedĂŒrfnissen der betroffenen Kinder orientiert. Als einer von mehreren fachlichen AnsĂ€tzen zur Verbesserung des Kinderschutzes stĂ€rkt es die interdisziplinĂ€re Zusammenarbeit und ermöglicht, dass Hilfen schneller, sensibler und wirksamer ankommen. Ich danke allen Partnerinnen und Partnern, die dieses wegweisende Projekt möglich machen, und wĂŒnsche dem Childhood-Haus in Landau viel Kraft und Erfolg fĂŒr seine wichtige Arbeit„, so Familienministerin Katharina Binz.

Eine besondere Rolle spielt dabei der Kinderschutzdienst Rheinland-Pfalz, der als landesweite Institution eine SĂ€ule interdisziplinĂ€rer Zusammenarbeit bildet. Der Fachdienst fĂŒr von Gewalt betroffene Kinder ist als einer von insgesamt sechzehn auch Teil des Kinderschutzbundes Landau-SÜW. FachkrĂ€fte des Kinderschutzdienstes beraten Heranwachsende, die Gewalt erlebt haben. Sie arbeiten eng mit anderen Disziplinen zusammen, begleiten die Betroffenen aktiv bei der Verarbeitung ihrer Erfahrungen, stĂ€rken ihre StabilitĂ€t und sorgen mit weiterfĂŒhrenden Hilfen fĂŒr den Schutz des Kindes.

UnterstĂŒtzung des Kinderschutzbundes und des Childhood-Hauses Landau
Um das Childhood-Haus-Projekt sowie die bestehenden Projekte des Kinderschutzbundes langfristig zu erhalten, ist der Kinderschutzbund Landau-SÜW e.V. als gemeinnĂŒtziger Verein auf UnterstĂŒtzung angewiesen. Da mehr als ein Drittel der Kosten spendenfinanziert sind, freut sich der Kinderschutzbund ĂŒber jede Geldspende, um diese wichtige Arbeit zum Wohl der Kinder nachhaltig zu sichern. (Spendenkonten sind hier ersichtlich)

Foto: Leiten im Rahmen der TrĂ€gerschaft die strategische Entwicklung und das Projektmanagement des Childhood-Hauses in Landau: (v.l.n.r.) Kinderschutzbund-GeschĂ€ftsfĂŒhrerin Kyra Pachner, Kinderschutzbund-VorstĂ€ndin Christin Arto und Johanna Dombert, Fachkraft des Kinderschutzdienstes (Copyright: DKSB Landau)